Modellierung der hybriden Wertschöpfung mit SeeMe
SeeMe ist eine grafische Modellierungssprache für das Service Engineering. Sie wurde im Jahr 1997 im Zuge von Forschungsaktivitäten zur Modellierung von Strukturen und Prozessen sozio-technischer Systeme entwickelt und erstmalig im Jahr 1999 von Herrmann und Loser veröffentlicht. SeeMe wurde mit dem Ziel entwickelt, die Interaktion und Interdependenzen zwischen Menschen und Software unter Vagheit geeignet abbilden zu können. Als Methode des Service Engineering lässt sich SeeMe sowohl für die Gestaltung der Prozesse der Dienstleistungsentwicklung als auch die der Dienstleistungserbringung verwenden. (Becker et al., Modellierung der hybriden Wertschöpfung, 2009, S. 29) Die drei Basiselemente von SeeMe sind die Rolle, die Entität und die Aktivität. Diese lassen sich durch Relationen in Beziehung setzen und ermöglichen somit die grundlegende Beschreibung von Prozessen. Mit Hilfe von Rollen lassen sich Einheiten der Aufbauorganisation zusammenfassen. Dies können z.B. einzelne Stellen, Gruppen oder Abteilungen sein. Entitäten stellen Ressourcen dar, welche von Aktivitäten genutzt und verändert werden (vgl. Becker et al., Modellierung der hybriden Wertschöpfung, 2009, S. 135). Beispielhaft sind hier Dokumente, Softwareprogramme oder sonstige physische Objekte zu nennen. Aktivitäten beschreiben Operationen, die in der Regel von einer oder mehreren Rollen ausgeführt werden. (Becker et al., Modellierung der hybriden Wertschöpfung, 2009, S. 136) Durch den Einsatz von Konnektoren für ein inklusives und ein exklusives ODER, für optionale Relationen sowie für einen UND-Zusammenhang in Verbindung mit Relationen lassen sich Kontrollstrukturen abbilden. Zu Relationen lassen sich darüber hinaus Modifikatoren annotieren, mit Hilfe derer Bedingungen und Ereignisse im Prozessablauf dargestellt werden können. Offene Gestaltungsspielräume im Rahmen der Modellierung bietet der mögliche Einsatz von beliebigen Attributen, die zu jedem Modellelement annotiert werden können. Außerdem besteht die Möglichkeit, mit Hilfe eines so genannten Meta-Grundelements der Modellierungssprache beliebige weitere Modellelemente hinzuzufügen. Durch die Möglichkeit, Basiselemente hierarchisch zu verschachteln, lassen sich z.B. Organisationsstrukturen darstellen, Aktivitäten gruppieren und verfeinern sowie Zusammenhänge zwischen physischen Objekten abbilden. Mit Hilfe von Segmentierungslinien ist es möglich, ein Modell in beliebige zu benennende Perspektiven zu unterteilen. SeeMe enthält mehrere Möglichkeiten, Vagheit im Modell abzubilden. Darunter versteht man im Kontext der Modellierungssprache erstens die Möglichkeit, vorhandenes Wissen über die Modellstruktur aus Gründen der Komplexitätsreduzierung oder aus Relevanzgründen bewusst nicht abzubilden und dies im Modell zu kennzeichnen. Zweitens besteht die Möglichkeit, durch entsprechende Kennzeichnungen von Modellelementen festzuhalten, dass kein weiteres Wissen über das abzubildende Realsystem vorliegt, ungewollte Modellierungslücken existieren oder Zweifel an der Korrektheit oder Vollständigkeit des Modells bestehen. Drittens lassen sich Ungewissheiten oder Offenheiten bezüglich der genauen Abfolge von Aktivitäten sowie der Zuordnung von Rollen und Entitäten zu Aktivitäten modellieren. So können z.B. Entitäten einer unbestimmten Teilmenge einer Aktivität zugehören und Rollen eine unbestimmte Teilmenge einer Aktivität ausführen oder Akivitäten von einer unbestimmten Teilmenge einer Rolle, z.B. einer Abteilung, ausgeführt werden. (vgl. Becker et al., Modellierung der hybriden Wertschöpfung, 2009, S. 142 f.) Da die Modellierungssprache überwiegend prozessabbildenden Charakter hat, lässt sich SeeMe im Rahmen der hybriden Wertschöpfung vor allem für die Modellierung der Dienstleistungs-, aber auch der Sachleistungskomponenten einsetzen. Zur Abbildung von Prozessen stehen zahlreiche Modellierungsmöglichkeiten zur Verfügung, mit Hilfe derer parallele, zyklische, alternative oder sich wiederholende Abläufe unter Verwendung von Kontrollstrukturen und Annotation von Personal und Ressourcen modelliert werden können. Durch die hierarchische Verschachtelung von Entitäten lässt sich die materielle Produktstruktur darstellen. Jedoch lassen sich materielle Bestandteile nicht separat ohne Aktivitäten abbilden, da diese als Ressourcen zur Ausführung von Aktivitäten modelliert werden. Unter Verwendung von Segmentierungslinien lassen sich die Erstellungs- und Erbringungsprozesse eines Leistungsbündels der Vornutzungs-, Nutzungs- und Nachnutzungsphase zuordnen. Zudem ermöglichen diese die Abbildung der "line of visibility", der "line of interaction" o.ä. (vgl. Becker et al., Modellierung der hybriden Wertschöpfung, 2009, S. 399) Die individuelle Erweiterung der Modellierungssprache um eigene Elemente bietet zwar Möglichkeiten der Vergrößerung der Ausdrucksstärke im Hinblick auf hybride Leistungsbündel, jedoch lässt sich der Charakter von SeeMe als Prozessmodellierungssprache nicht verändern. Dieses Forschungsergebnis wurde erstellt von: Admin Istrator (14. September 2010 - 23:10) Dieses Forschungsergebnis wurde zuletzt bearbeitet von: Admin Istrator (15. September 2010 - 0:06) |
Weitere Informationen
Das Forschungsergebnis ist mit den folgenden Forschungsergebnissen verknüpft
Die folgenden Publikationen sind für das Forschungsergebnis relevant.
- Modellierung der hybriden Wertschöpfung: Eine Vergleichsstudie zu Modellierungstechniken
- SeeMe in a nutshell. The semi-structured, socio-technical Modeling Method
- A modelling method for the development of groupware applications as socio-technical systems
- Modellierung von Prozessschnittstellen modularer Servicearchitekturen
- Vagueness in models of socio-technical systems
- Im Spannungsfeld zwischen formalen und informellen Aspekten. Modellierung von Dienstleistungsprozessen mit SeeMe